Etwas Neues lernen
Ich habe Menschen schon öfter sagen hören, dass sie „zu alt“ für eine bestimmte Sache wären. Vor allem dann, wenn sie dafür einen gewissen Lernaufwand aufbringen müssten. Vermutlich vergleichen sie sich zu sehr mit einem Kleinkind, dem sprichwörtlich das Lernen kinderleicht fällt. Täglich kommen neue Erfahrungen, spannende Erlebnisse und erinnerungswürdige Momente hinzu – so ein Kleinkind lernt immer. Als Erwachsener hingegen kann es sich schon so anfühlen, als ob man ein wenig aus der Übung wäre. Aber das ist doch nicht wirklich ein Hindernis, oder? Dann dauert es eben länger, aber das Lernen selbst hat noch niemand verlernt.
Bei einigen steht wohl auch der eigene Anspruch im Weg. Ihr Ziel scheint die Perfektion oder wenigstens die Meisterschaft zu sein und dafür reicht die Lebenszeit (angeblich) nicht mehr aus. Schließlich dauert es meist Jahre, bis man hervorragend Klavier spielen, Japanisch sprechen oder Möbel drechseln kann. Und so fangen sie gar nicht erst an, es lohnt sich ja doch nicht. Mir scheint, das ist eine ziemlich merkwürdige Ausrede, denn wenn sie irgendwann mal angefangen hätten statt immer nur ihr Alter zu beklagen, hätten sie bereits gute Fortschritte machen können. Außerdem brauchen wir nicht ständig einen neuen Mozart. Aber Menschen, die glücklich sind, weil sie es geschafft haben, eine kleine Melodie fehlerfrei gespielt zu haben, die brauchen wir unbedingt!
Wer sagt denn überhaupt, dass es eine „ganz große Sache“ sein muss, die man da lernt? Es gibt so viele kleine Dinge, deren Aneignung Freude bringen würde. Wie man einen Kranz aus Blumen flicht. Wie man einen stabilen Papierflieger faltet. Wie man eine Crème Brûlée zaubert. Wie man einen Stein über das Wasser springen lässt. Wie man Kästchenhüpfen spielt. Nichts davon ist so kompliziert, dass es nicht an einem Tag erlernbar wäre. Und zu alt ist man dafür ganz gewiss nie! Nein, auch nicht für das Kästchenhüpfen. Wer seine Hüfte schonen muss, wird einfach zum Schiedsrichter erklärt.
Ich finde, wir sollten öfter etwas Neues lernen. Egal wie klein oder groß. Egal wie gut wir darin werden oder wie weit wir kommen. Einfach nur des Ausprobierens und des Lernens wegen. Du musst auch nicht gleich eine ganze Schreinerwerkstatt kaufen, nur weil du eine kleine Holzfigur schnitzen willst. (Eine Schutzbrille würde ich allerdings schon empfehlen.) Fang einfach an und lass dich überraschen. Vielleicht sogar davon, dass es dir kinderleicht fällt.
Meine neu erworbene Fähigkeit ist übrigens das Häkeln. Ich kenne ein paar Grundmaschen und kann einfache Arbeitsvorschriften mit meiner Häkelnadel umsetzen. Ich bin weit davon entfernt, wirklich Ahnung von der Materie zu haben oder Großprojekte erstellen zu können. Das heißt aber nicht, dass mir das Arbeiten keine Freude machen oder mir meine Objekte nicht gefallen würden. Stimmt’s, Okti?