Sommerhitze

Abbildung von gelben Strohhalmen auf einem Feld, im Hintergrund Bäume

Die Luft flirrt in der Sonne. Der Spielplatz auf der anderen Straßenseite ist leer, genauso wie der Fußweg. Bei dieser Hitze will wohl kaum einer nach draußen gehen. Am Ende der Straße biegt ein Auto mit herunter gelassenen Scheiben um die Ecke. Es hinterlässt eine kleine Staubwolke, die nur langsam zurück auf den Boden sinkt. Dein Blick wendet sich ab und fällt auf das müde Gras, das in einem kleinen Rechteck unter deinem Fenster wächst. Zwischen den gelb und braun verfärbten Halmen hüpft eine Gruppe Spatzen hin und her. Du fragst dich, ob ihnen in ihren braunen Federkleidern wohl auch so warm ist. Können Vögel eigentlich schwitzen? Du wischst dir einige Schweißperlen von der Stirn und ziehst den Vorhang wieder zu. Die Luft flirrt in der Sonne. Damit du die Grafiken auf deinem Bildschirm besser sehen kannst, hast du die Jalousie herunter gelassen. Langsam scrollst du durch die Daten. Du entdeckst einen Fehler und hebst die Hand von der Maus, um zur Tastatur zu wechseln. Dabei bleibt dein Unterarm an der hölzernen Schreibtischoberfläche haften. Als du beginnst einen Bericht zu tippen, stellst du fest, dass auch deine Fingerspitzen sich nur widerwillig von den Tasten lösen. Genervt betastest du deine Haut, die sich verschwitzt und klebrig anfühlt. Seufzend beschließt du, dass es wohl besser wäre, wenn du dir die Hände und Unterarme abspültest. Du erhebst dich von deinem Bürosessel und schmatzend lösen sich deine Oberschenkel vom Ledersitz. Die kurze Hose, die du heute Morgen angezogen hast, lässt viel Haut frei. Die Luft flirrt in der Sonne. So flink wie du kannst schlüpfst du hinaus auf den Balkon und ziehst die Tür hinter dir zu. Nur ja keine Wärme hineinlassen! Beinahe fällt dir dabei eine der nassen Hosen herunter, die du auf dem Arm balancierst. Mit der freien Hand prüfst du den Feuchtigkeitszustand der Socken, die du vor zwei Stunden auf den Wäscheständer gehängt hast. Zu deiner Verblüffung sind die bunten Kerlchen bereits trocken. Ist diese unglaubliche Hitze also doch für irgendetwas gut! Umständlich stapelst du deine Beladung auf dem zusammengeklappten Balkonstuhl, der an der Wand lehnt, damit du die Socken vom Ständer holen kannst. Die Klammern klappern in der Kiste, in die du sie wirfst. Nun aber schnell die Hosen über die Leine werfen und dann zurück in die Wohnung. Schließlich willst du nicht, dass dein Hirn genauso gut durchtrocknet wie die Wäsche. Die Luft flirrt in der Sonne. In der Küche stehend rührst du in einem Eiskaffee. Der Becher mit dem Vanilleeis war leider schon leer, aber zum Glück gibt es ja Eiswürfel. Gedankenverloren siehst du zu, wie sich die unregelmäßig geformten Klötzchen langsam auflösen und den Kaffee mit Milch verdünnen. Ab und zu nippst du an deinem Getränk, während du darüber nachdenkst, ob du dir einen Keks gönnen sollst. Das Radio, das du zur Unterhaltung angestellt hast, dudelt leise neben dem Kühlschrank. Plötzlich bemerkst du, was du da eigentlich gerade hörst: Rudi Carrell fragt mit seiner charmanten Stimme, wann der Sommer endlich kommt. Fassungslos starrst du das Radio an, so als könne dein Blick die Programmverantwortlichen in der Sendezentrale erreichen. Wart ihr heute schon mal draußen? Die Luft flirrt in der Sonne.