Wenn die Blätter fallen
Die Tagundnachtgleiche fand bereits vor einem Monat statt und so ist es wohl nicht weiter verwunderlich, dass die Tage stetig kürzer und kühler werden. Der Herbst hält Einzug. Für einige beginnt damit die schönste Zeit des Jahres. Endlich ist es nicht mehr so unglaublich heiß und man kann ohne in Schweiß zu zerfließen spazieren gehen. Und wenn man schon einmal draußen ist, kann man im nächstgelegenen Wald auf die Suche nach Eicheln und Kastanien gehen, um daraus lustige Tierchen und Figuren zu basteln. Wer praktischer, beziehungsweise hungriger veranlagt ist, sucht wohl lieber nach Pilzen oder Esskastanien. Oder man geht auf die Suche nach dem am imposantesten gefärbten Blatt. Ein schwieriges Unterfangen, möchte ich meinen, da sich die Bäume wirklich Mühe geben. Der eine drapiert einen Teppich aus hellgelben Blättern um sich, der andere schickt orangefarbene Exemplare ins Rennen, der nächste taucht seine Krone in tiefes Rot. Mir sind auch schon Blätter unter gekommen, die regelrecht bunt waren und diejenigen zu verhöhnen schienen, die sich nur auf eine Farbe festlegen. Wie soll man sich unter den all den Schönheiten nur für ein einzelnes Blatt entscheiden?
Ich gebe zu, dass ich in den vergangenen Tagen zu müde war, um sonderlich auf die bunten Blätter auf den Wegen zu achten, denn das abnehmende Tageslicht macht mir zu schaffen. Ich nenne es die Herbstschläfrigkeit. Wenn die Frühjahrsmüdigkeit existiert, dann doch auch sicher ihr Äquivalent am gegenüberliegenden Punkt des Erdumlaufs um die Sonne, richtig? Oder aber mein Körper hat das Training für den Winterschlaf begonnen. Was auch immer der Grund sein mag, die sich langsam wandelnde Welt hinterlässt nur wenig Eindruck bei mir. Die Aufmerksamkeit reicht gerade so fürs Einsammeln der Walnüsse auf unserer Wiese. Dabei muss ich auch nicht auf Schönheit achten.
Mich persönlich interessieren die Farben und die Eleganz der fallenden Herbstblätter eh nur am Rande. Sicher, ein bunt gefärbter Wald sieht schon beeindruckend aus, aber mich begeistern die Blätter dann, wenn sie bereits am Boden liegen. Am liebsten in einer prachtvollen dicken Schicht, die der Wind wie in Wellen über dem Weg verteilt hat. Dann kann ich der schönsten Beschäftigung des Herbstes nachgehen: Mit den Füßen durch die Blätter pflügen und rascheln!